Rechtsanwälte Hagen und Gevelsberg

15.01.2020

"Mies und hinterlistig" Eine treffende Bezeichnung einer Leistung einer Firma im Internet?

Nach Landgericht Hamburg, Urteil vom 03.05.2019, 324 O 358/18

 

Man wundert sich schon immer wieder, was denn Gerichte alles so durchgehen lassen, solange sich irgendjemand auf das Recht der freien Meinungsäußerung bezieht. So dürfen Politiker im Internetforen aufs Äußerste und Übelste beschimpft werden, solange sie nur nicht der Partei angehören, die offensichtlich vom Gericht bevorzugt wird.

 

So dürfen im Internet Unternehmen beschimpft werden, solange nur irgendwie zum Ausdruck kommt, dass es sich um eine Meinungsäußerung handelt. Genau in diese Kerbe schlägt auch das Landgericht Hamburg mit der Entscheidung vom 03.05.2019, in der es einem Kritiker eines Unternehmens attestiert, er dürfe seinen Geschäftspartner wie folgt titulieren:

 

„Mies und hinterlistig.“

 

Durch eine solche Bewertung sei jedenfalls eine Schmähkritik nicht anzunehmen. Doch was war passiert?

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das sich mit dem Vertrieb von antiken Möbelstücken über das Internet beschäftigt. Hierzu kauft die Klägerin u.a. teilweise Möbel an. So kaufte sie bei der Beklagten verschiedene Möbel, wobei es bei der Abwicklung zu einigen Streitigkeiten kam.

An einem Tag Mitte 2018 veröffentlichte die Geschäftsführerin der Klägerin im Zusammenhang mit diesen Geschäften eine Bewertung auf Google „My Business“. Quasi als Retourkutschen veröffentlichte der Geschäftsführer der Beklagten sodann zwei Bewertungen über die Klägerin, und zwar einmal unter deren Firmenanschrift und einmal unter derer Privatanschrift.

 

Die Bewertung lautet sinngemäß wie folgt:

„Diese Firma kann ich nicht empfehlen.

Als Geschäftspartner ist absolute Vorsicht zu verwalten.

Mies und hinterlistig.

Versteckt sich hinter seinem Telefon.

Mit dieser Firma Geschäfte zu machen rate ich ab;“

sowie:

„Mieser und hinterlistiger Geschäftspartner, dem man nicht vertrauen kann. Telefonisch nicht erreichbar. Hier rate ich dringend ab, Geschäfte zu machen. Äußerst bedenkliches Geschäftsgebaren.“

 

Dass die entsprechenden Einträge vom Geschäftsführer der Beklagten stammen, ist unstreitig. Die Klägerin wollte nunmehr zunächst über eine Abmahnung erreichen, dass die entsprechenden Bewertungen durch die Beklagte unterlassen werden und versucht, im Wege der Abmahnung die Beklagte zur Unterlassung und zur Lösung der entsprechenden Bewertungen zu veranlassen. Die Beklagte nahm sich allerdings dieser Abmahnung nicht an und daraufhin wurde die Beklagte als Firma (von ihr stammte nämlich die Bewertung) sowie der Geschäftsführer der Beklagten (als Urheber der entsprechenden Bewertung) gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen, sowie auf Zahlung der vorgerichtlichen Abmahnkosten.

 

Dies geschah letztendlich ohne Erfolg, denn das Landgericht Hamburg wies in der oben genannten Entscheidung die Klage ab. Das Landgericht Hamburg ist der Auffassung, dass ein Unterlassungsanspruch wegen der streitgegenständlichen Bewertung der Klägerin nicht zustehen würde. Insbesondere ergäbe sich ein solcher nicht wegen der Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts gem. §§ 823 Abs. 1, 104 Analog BGB in Verbindung mit Artikel 19 Abs. 3, Abs. 2, Abs. 1 Grundgesetz.

Das Landgericht attestiert vielmehr dem Beklagten zu 2) als Geschäftsführer der Beklagten zu 1), dass die öffentlichen Bewertungen rechtmäßig wären. Das Gericht führt dann im Einzelnen aus, dass auch die Titulierung als „mies und hinterlistig“ keineswegs allgemein als Schmähkritik aufzufassen sind, sondern wie folgt als Meinungsäußerung geschützt sind:

 

Meinungsäußerungen genießen einen sehr weiteren Schutz. Bei wertenden Äußerungen treten die Belange des Persönlichkeitsschutzes gegenüber der Meinungsfreiheit grundsätzlich zurück, es sei denn, die infrage stehende Äußerung stellt sich als Schmähkritik oder Formalbeleidigung dar oder enthält einen Angriff auf die Menschenwürde des Betroffenen. In anderen Fällen bedarf es einer abwegigen Prüfung im Einzelfall, ob die Vermutung für die Freiheit der Rede durch gegenläufige Belange des Persönlichkeitsschutzes überwunden wird.

Die zugunsten der Beklagten streitende Meinungsäußerungsfreiheit findet – soweit es um Äußerungen in den Medien geht – dort ihre Grenze, wo es für eine bestimmte und eine andere belastende Meinung schlichthin keine tatsächlichen Bezugspunkte gibt.….

 

Das Landgericht führt aus wie folgt:

Es liegt auch keine Schmähkritik vor. Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts, ist der Begriff der Schmähkritik von Verfassung wegen eng auszulegen. Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Eine Äußerung nimmt diesen Charakter erst dann an, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern – jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik – die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Dies ist hier nicht der Fall. Der Beklagte zu 2) übt Kritik an dem Verhalten der Klägerin hinsichtlich der Durchführung bzw. Abwicklung des Kaufvertrages und setzt diese nicht losgelöst von einem Geschäftsvorgang herab.

 

Die meiner Meinung nach beschimpfte und geschmähte Klägerin kann hier also ihre Rechte nicht durchsetzen, sondern es wird dem Beklagten attestiert, dass er sich hinter dem Persönlichkeitsrecht verstecken und entsprechende Kritik äußern darf.

Die Schlussfolgerung aus der Entscheidung des Landgerichts Hamburg könnte daher sein:

 

Verpacke Deine Beleidigung und Deine Schmähkritik nur schön in Meinungsäußerungen und beziehe diese auf irgendwelche ggf. auch erdachten Vorgänge. Macht man es geschickt, kann man auch die übelsten Beschimpfungen gegenüber einem Geschäftspartner im Internet veröffentlichen und muss sich nach der Auffassung des Landgerichts Hamburg folgend keiner Rechtsverfolgung ausgesetzt sehen!

Mal ganz ehrlich, eine solche Auslegung von Recht und Gesetz entspricht bedauerlicherweise zumindest nicht der Auffassung von Recht und Gerechtigkeit des Unterzeichners. Auch eine Vielzahl anderer Mitbürger dürfte diese Auslegung grundsätzlich zuwider sein, gleichwohl muss ein jeder Bürger damit leben, dass Gesetze ausgelegt werden, wie es den Gerichten nun einmal passt.

Bedauerlich aber wahr.

 

Sollten Sie einmal Probleme z.B. mit Meinungsäußerungen, Beschimpfungen und/oder Kritik im Internet haben, so wenden Sie sich gerne an den Unterzeichner.

Als Fachanwalt für Informationstechnologierecht hat Rechtsanwalt Freier fast täglich mit solchen und ähnlichen Fall zu tun.

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